Vorsicht bei Kfz-Versicherungen mit Werkstattbindung
Immer häufiger bauen Versicherungen eine Klausel in ihre Policen ein, mit der sie Reparaturen komplett ablehnen können. Das Zauberwort heißt Werkstattbindung. Insbesondere Versicherungsverträge der HUK Coburg sorgen aktuell für Aufregung im Kfz-Gewerbe. In der Vergangenheit hat die Versicherung Werkstattrechnungen um 15% gekürzt.
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Warum Sie Kfz-Versicherungen mit Werkstattbindung meiden sollten
Immer häufiger bauen Versicherungen eine Klausel in ihre Policen ein, mit der sie Reparaturen komplett ablehnen können. Das Zauberwort heißt Werkstattbindung. Insbesondere Versicherungsverträge der HUK Coburg sorgen aktuell für Aufregung im Kfz-Gewerbe. In der Vergangenheit hat die Versicherung Werkstattrechnungen um 15% gekürzt, sollte der Geschädigte bei Verträgen mit Werkstattbindung nicht die Werkstatt mit der Reparatur beauftragen, die gleichzeitig Vertragspartner der Versicherung ist. Das hat sich zwischenzeitlich geändert, die HUK kürzt die Rechnungen nicht mehr um 15%, stattdessen lehnt sie die Begleichung der Rechnungen komplett ab. Beauftragt der Versicherte also die Werkstatt seines Vertrauens, bleibt er womöglich zunächst einmal komplett auf den Reparaturkosten sitzen.
Der Vorteil liegt in den günstigeren Prämien
Um die Versicherungsprämien so günstig wie möglich zu gestalten, wird den Kunden oft, ohne dass sie das wissen, ein Vertrag mit Werkstattbindung verkauft. Kommt es dann zu einem Schaden, muss sich der Versicherte sofort bei der Versicherung melden. Diese weist ihm für die Reparatur eine Werkstatt zu, die meist weiter entfernt ist als die Werkstatt, mit der der Kunden üblicherweise zusammenarbeitet. Dort muss der Versicherungsnehmer das Fahrzeug zur Reparatur vorfahren. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um einen größeren Karosserieschaden, einen Glasschaden oder womöglich nur um einen Marderbiss handelt. Der Versicherte muss für jeden Kaskoschaden diesen weiten Weg zu einer Werkstatt auf sich nehmen, die man nicht kennt, zu der man kein Vertrauen hat, die aber das Auto instand setzt.
Der einzige Vorteil von Versicherungspolicen mit Werkstattbindung besteht in den günstigeren Beiträgen. Sobald man sich jedoch ein wenig genauer mit der Angelegenheit beschäftigt, kann man leicht erkennen, dass einem im Schadensfall die Werkstattbindung teuer zu stehen kommen kann. Die Versicherungen suchen Werkstätten für Reparaturarbeiten aus, denen sie neben den Ersatzteilpreisen auch die Stundenlöhne vorschreiben. Dabei zahlen sie dann ihren Vertragswerkstätten bis zu 50% weniger als die ortsüblichen Verrechnungssätze und sparen damit eine Menge Geld.
Da stellt sich natürlich die Frage, warum die Werkstätten dabei mitspielen. Die Frage ist einfach zu beantworten: Sie bekommen im Gegenzug von den Versicherungen eine Vielzahl an Fahrzeugen zur Reparatur in die Werkstatt, womit ihre Auslastung sichergestellt ist. Die Werkstätten sind ausreichend ausgelastet, die Prämienzahlungen für die Versicherten sinken, das hört sich prinzipiell doch eigentlich alles super an. Da bleibt nur noch die Frage, wo der Haken ist.
Die Geister, die man rief
Von den bereits erwähnten Problemen der Versicherten, die weitere Wege zu den Werkstätten in Kauf nehmen müssen und die Werkstatt von der Leistung her nicht beurteilen können, haben auch die Werkstätten ihre Probleme mit dem System, da ist keineswegs alles Gold, was glänzt. Werkstattinhaber, die inzwischen Vertragspartner von Versicherungen sind, klagen, dass sie inzwischen doppelt so viele Schäden reparieren müssen wie vor fünf Jahren, möchten sie den gleichen Gewinn erzielen. Es bleibt nicht aus, dass darunter die Qualität leidet, es geht inzwischen mehr um Masse statt Klasse.
Wer die eigene Stammwerkstatt mit der Reparatur beauftragt, muss mit einem erhöhten Eigenanteil rechnen, im Idealfall 15% der Rechnungssumme. Gelegentlich verlangen die Versicherungen auch die zwei- bis dreifache Selbstbeteiligung, und wenn es ganz dumm läuft, bezahlen Sie als Versicherungsnehmer gleich alles selbst. Und es gibt in diesem Zusammenhang noch eine weitere Hiobsbotschaft: Sind Sie an einer fiktiven Abrechnung mit Ihrer Versicherung interessiert und möchten das Geld ausbezahlt bekommen, dann wird nicht die tatsächliche Schadenshöhe angesetzt, sondern der Betrag, den die Vertragswerkstatt der Versicherung bekommen hätte. Wie inzwischen erkannt, liegt der Betrag dann rund 30 bis 50% unter den ortsüblichen Sätzen.
Sie sind also verpflichtet, lassen Sie den Schaden tatsächlich durch eine Werkstatt reparieren, in die von der Versicherung vorgeschriebene Werkstatt zu fahren. Dies gilt auch, wenn irgendein possierliches Tierchen wie ein Marder nichts weiter getan hat als Ihr Zündkabel durch zu knabbern. Möchten Sie das von Ihrer Teilkasko ersetzt haben, bleibt Ihnen der Weg in die Versicherungswerkstatt nicht erspart.
Erste Probleme entstehen allerdings schon bei Leasingfahrzeugen. Kommt es hier zu einem Schaden, müssen Sie das Auto zu der Werkstatt bringen, die im Leasingvertrag vorgeschrieben ist. Das ist bei einem Versicherungsvertrag mit Werkstattbindung mehr oder weniger unmöglich.
Die Milchmädchenrechnung
Wer also einen Versicherungsvertrag mit Werkstattbindung abschließt, spart Versicherungsbeiträge. Das relativiert sich jedoch wieder durch entstehende zusätzliche Fahrtkosten in eine weiter entfernte Werkstatt und die nicht mögliche Reparatur in der Werkstatt des Vertrauens. Und so richtig weh tut es, wenn man das Auto nicht reparieren, sondern sich das Geld auszahlen lassen möchte. Ein weiteres Problem besteht darin, dass vielen Kunden gar nicht bewusst ist, dass sie einem Versicherungsvertrag mit Werkstattbindung zugestimmt haben. Das sind die Versicherungsnehmer, bei denen das böse Erwachen erst bei einem Schaden erfolgt. Damit Sie nicht zu diesem Personenkreis gehören, können wir Ihnen nur empfehlen, Ihre Versicherungspolice umgehend daraufhin zu überprüfen, ob Sie einen Vertrag mit Werkstattbindung abgeschlossen haben.
Sollte Ihnen Ihre Versicherung aktuell zu teuer sein, dann lassen Sie Ihren Vertrag bei Ihrem Versicherer neu berechnen. Der Konkurrenzdruck ist aktuell dermaßen hoch, dass oftmals neue Verträge bei gleicher Leistung günstiger sind. Sollte alles nichts nutzen, dann wechseln Sie die Versicherungsgesellschaft – aber achten Sie bei dem neuen Vertrag darauf, dass er keine Werkstattbindung enthält.
Abschließend sei sicherheitshalber noch erwähnt: Sind Sie Unfallgeschädigter, muss die gegnerische Versicherung Ihren Schaden zahlen – da haben Sie nach wir vor das Recht auf einen eigenen Gutachter und die freie Wahl der Werkstatt.